Wusstest Du schon, dass Seen zum Teil stärker mit Mikroplastik belastet sind als Ozeane?

Mikroplastikkonzentrationen sind in Seen teilweise höher als in den subtropischen Ozeanwirbeln, also den Meeresgebieten, in denen sich große Mengen an Plastikmüll ansammeln. Das zeigt eine internationale Studie an 38 Seen und Talsperren unter Leitung der italienischen Universität Milano-Bicocca mit Beteiligung des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB). Die internationalen Forschenden untersuchten Seen und Talsperren in unterschiedlichen Regionen der Welt mit unterschiedlichen Umweltbedingungen, um Faktoren für Mikroplastikverschmutzung zu identifizieren. Sie fanden in allen untersuchten Seen und Stauseen Mikroplastik - selbst in entlegenen Gegenden. Um verschiedene Seentypen abzudecken, untersuchten die Forscherinnen und Forscher Seen entlang eines Gradienten von Größe, Tiefe, Besiedlungsdichte und Versiegelungsgrad des Umlandes. Da es sich um eine Momentaufnahme handelte, wurden zeitliche und räumliche Schwankungen des Mikroplastikvorkommens nicht berücksichtigt. Pro Standort filterten die Forschenden durchschnittlich 140 Kubikmeter Seewasser. Dabei zählten sie nur Mikroplastikpartikel, die größer als 0,25 Millimeter waren. Sie analysierten auch die Art des Kunststoffs und fanden vor allem Polyester, Polypropylen und Polyethylen. Die Kunststoffsignatur war von See zu See sehr unterschiedlich: Die Mikroplastikkonzentration variierte über vier Größenordnungen von 0,01 bis zu mehr als zehn Partikeln pro Kubikmeter. Aber selbst in entlegenen Gegenden, wie im Lake Tahoe in der Sierra Nevada oder in Bergseen, war Mikroplastik zu finden. 45 Prozent der untersuchten Seen wiesen mehr als einen Partikel pro Kubikmeter auf, die am stärksten verschmutzten über zehn Partikel pro Kubikmeter. Zu den Seen mit der höchsten Mikroplastikbelastung gehören auch einige, die als Trinkwasserquellen genutzt werden, wie der Lago Maggiore (IT), der Luganer See (CH-IT), der Lake Tahoe (USA) und der Lake Neagh (UK). Sie sind zudem für die jeweilige Freizeitwirtschaft von zentraler Bedeutung. Diese großen Seen sind aufgrund der langen Verweildauer des Wassers Senken für Kunststoffe. Im Tahoe-See beispielsweise dauert es etwa 650 Jahre, bis sich der gesamte Wasserkörper durch Zu- und Abfluss einmal ausgetauscht hat. In Deutschland überraschte der Stechlinsee die Forschenden mit relativ hohen Mikroplastikkonzentrationen in Form von Mikrofasern, denn das Ufer des Sees ist weitgehend natürlich und von Buchenwald umgeben. Vermutlich handelt es sich dabei vor allem um Fasern von der Kleidung der Badenden. Die Studie wurde im Rahmen des GLEON-Netzwerks durchgeführt. GLEON steht für Global Lakes Observatory Network, in dem Seenforscherinnen und -forscher aus aller Welt regelmäßig und unter standardisierten Bedingungen Daten von Seen erheben. So erhalten sie ein Bild davon, wie sich Seen weltweit im Zuge des Klimawandels und durch andere menschliche Einflüsse verändern. Die Originalpublikation "Plastic debris in lakes and reservoirs" wurde in der Zeitschrift "Nature" veröffentlicht (doi.org/10.1038/s41586-023-06168-4).

Aus GFA news

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